Allein dieser Umstand, dass die Neigung der Kamera neuerlich verändert werden kann, macht es vertretbar, eine berechtigte Befürchtung zu bejahen, sich im Überwachungsbereich zu befinden und von Aufnahmen bzw Aufzeichnungen erfasst zu sein.
Austria. Oberster Gerichtshof. Zwei Nachbarn streiten über eine Überwachungskamera. Die beklagte Partei brachte auf ihrer Immobilie eine Videokamera an, die anfangs sowohl das eigene Grundstück als auch eine angrenzende öffentliche Straße sowie Teile des Grundstücks der klagenden Nachbarn erfasste. Obwohl der Neigungswinkel der Kamera und damit auch der von der Überwachung erfasste Bereich nach vorprozessualer Intervention angepasst wurde, wodurch nur noch das eigene Grundstück bis zur öffentlichen Straße überwacht wurde, blieb das Überwachungsfeld für die klangenden Parteien nicht klar abschätzbar. Diese sahen sich weiterhin in ihrer Privatsphäre beeinträchtigt, weil die Kamera nach wie vor sichtbar war und die Befürchtung bestand, dass sie trotz der Änderungen neuerlich zur Überwachung des öffentlichen Raums und der angrenzenden Grundstücke genutzt werden könnte.
Das Hauptargument der klagenden Parteien war die anhaltende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre. Sie beriefen sich auf ihr Persönlichkeitsrecht, welches bereits durch die Sichtbarkeit der Kamera beeinträchtigt werde. Auch wenn die Überwachungskamera nach Angaben der beklagten Partei nicht mehr auf ihr Grundstück ausgerichtet sei, sahen die klagenden Parteien die Gefahr, dass der Neigungswinkel jederzeit wieder verändert und die Kamera unbemerkt in Betrieb genommen werden könnte. Die beklagte Partei argumentierte hingegen, die Kamera diene lediglich dazu, ihr eigenes Grundstück zu überwachen und den ordnungsgemäßen Zugang für ihre Gäste zu kontrollieren. Dass die Kamera zu Beginn auch Teile des Nachbargrundstücks erfasst habe, sei unbeabsichtigt gewesen und durch die Anpassung des Neigungswinkels längst behoben. Eine vollständige Entfernung der Kamera würde unangemessen in das Recht auf Sicherung des Eigentums einschränken.
Das Erstgericht entschied, dass die Kamera entfernt werden muss und untersagte der beklagten Partei, in Zukunft Überwachungskameras oder ähnliche Überwachungsgeräte anzubringen, die das Grundstück der klagenden Partei erfassen könnten. Diese Entscheidung wurde in der Berufungsinstanz bestätigt. Nach Ansicht des Berufungsgerichts war die Sorge um eine neuerliche Überwachung berechtigt, weil eine bloße Anpassung der Kameraausrichtung nicht ausreichend sei, um die Besorgnis eines möglichen Missbrauchs auszuräumen. Gegen diese Urteile erhob die beklagte Partei schließlich Revision an den Obersten Gerichtshof.
Die Revision wurde letztlich zurückgewiesen, weil keine erheblichen Rechtsfragen vorlag. Dennoch gibt das Höchstgericht folgende Aussagen mit:
- Für die Frage, ob die Anbringung der Kamera geeignet ist, Überwachungsdruck auszuüben, kommt es auf die Kombination von Richtung, Neigung und Brennweite der Kamera an.
- Allein dieser Umstand, dass die Neigung der Kamera neuerlich verändert werden kann, macht es vertretbar, eine berechtigte Befürchtung zu bejahen, sich (weiterhin bzw neuerlich) im Überwachungsbereich zu befinden und von Aufnahmen bzw Aufzeichnungen erfasst zu sein.