Ein deutscher Volljurist und Fachanwalt für Arbeitsrecht bewarb sich auf eine befristete Stelle bei einer Universität. Im Zuge des Bewerbungsverfahrens führte ein Mitglied der Auswahlkommission zum Bewerber eine Google-Recherche durch, weil diesem der Name bekannt vorkam. Dabei stieß er auf eine erstinstanzliche, nicht rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung. Laut Dokumentation im Bewerberungsprozess war dieser Umstand (auch, aber nicht ausschließlich) entscheidungserheblich, sodass die Stelle an eine andere Bewerberin vergeben wurde.
Im Nachgang forderte der Bewerber Zugang zur Dokumentation, erhielt diese und erfuhr dadurch von der Google-Recherche der Auswahlkommission. Da ihn die Universität über diese Datenerhebung „bei Google“ nicht gemäß Art 14 EU-DSGVO informiert hatte, begehrte er sowohl materiellen als auch immateriellen Schadenersatz. Den materiellen Schaden leitet er aus Verdienstentgang ab – er habe die Stelle schließlich nicht erhalten. Immateriellen Schaden habe er durch den Kontrollverlust aufgrund der ausgebliebenen Information erlitten.
Mit dem materiellen Schaden drang der Kläger nicht durch, weil die Stelle auch ohne die Information über die strafrechtliche, nicht rechtskräftige Verurteilung an eine andere Bewerberin vergeben worden wäre. Nach Angaben der Universität erfülle er zwar die fachlichen Anforderungen, unlag jedoch im Bereich Methoden- und Sozialkompetenz. So sei der Kläger war nett und höflich gewesen, jedoch wirkte er etwas abgebrüht. Es lasse jedoch an einer erforderlichen Ausgewogenheit und Zurückhaltung vermissen, sodass Beratungskompetenz, Verständnisbereitschaft und Beziehungsmanagement fraglich seien.
Zum Informationsrecht nach Art 14 EU-DSGVO:
- Führt ein Arbeitgeber eine Google-Recherche durch, ist der Bewerber über diese Datenerhebung gemäß Art 14 EU-DSGVO zu informieren.
- Der Verstoß gegen die Informationspflicht aus Art 14 Abs 1 lit d EU-DSGVO führt ebenso wie ggf eine zu späte Information im Auswahlgespräch zu keinem Beweisverwertungsverbot im gerichtlichen Verfahren.
Zum immateriellen Schaden:
- Kommt der Arbeitgeber der Informationspflicht nach Art 14 Abs 1 lit d EU-DSGVO nicht nach und verwertet die erlangte Information im Stellenbesetzungsverfahren, steht ein Entschädigungsanspruch gemäß Art 82 Abs 1 EU-DSGVO zu.
- Mit dem Unterlassen der Information des Bewerbers wurde dieser zum bloßen Objekt der Datenverarbeitung und hat einen erheblichen Kontrollverlust mit negativen Auswirkungen auf die Auswahlentscheidung erlitten.
- Mangels einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften ist die Höhe des Schadens gemäß § 287 Abs 1 DE-ZPO zu bestimmen, wonach alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind.