Die Klägerin, ein landeseigenes Wohnungsunternehmen, verlangt die Räumung und Herausgabe von zwei Mietwohnungen in Berlin. Die Klägerin mahnte die Mieterin mehrfach wegen unberechtigter Untervermietung ab. Da diese das Verhalten nicht abstellte, wurde eine Privatdetektivin beauftragt, die zwischen die Wohnungen für zwei Monate mit einer verdeckten Videokamera überwachte. Dadurch wurden auch die Eingangsbereiche der Wohnungen erfasst, soweit diese bei geöffneter Wohnungseingangstür einsehbar waren. Aufgrund der Aufzeichnungen und darauf abgeleiteten Protokolle über das Kommen und Gehen von mehreren Personen, kündigte die Klägerin die Mietverhältnisse außerordentlich und hilfsweise ordentlich.
Die Mieterin wurde zunächst zur Räumung und Herausgabe der Wohnungen verurteilt. Im Berufungsverfahren wurde die Räumungsklage jedoch abgewiesen, weil die Kündigungen nicht gerechtfertigt gewesen seien. Durch die heimlich veranlasste Videoüberwachung wurde in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Mieterin und ggf anderer erfasster Personen Beklagten verletzt; die gewonnenen Erkenntnisse dürften im Räumungsverfahren nicht verwertet werden.
Nun sprach der BGH und entfacht damit wieder die Diskussion um die Zulässigkeit von datenschutzwidrig erlangten Beweismitteln im Zivilverfahren:
- Die Frage, ob die auf einer unzulässigen Videoüberwachung beruhenden Erkenntnisse einer Partei bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung verwertet werden dürfen, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben der EU-DSGVO zu beurteilen.
- Von der Videoüberwachung einer Wohnungseingangstür ist nicht nur der Mieter, sondern sind auch etwaige Untermieter und Besucher der Wohnungen betroffen.
- Die Beeinträchtigung der Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten durch eine verdeckte Videoüberwachung der Wohnunsgeingangstür wiegt schwer. Mit einer solchen Überwachung müssen betroffene Personen vernünftigerweise nicht rechnen.
- Einer Vermietern stehen mildere Mittel als die verdeckte Videoüberwachung der Wohnungseingangstür zum Nachweis einer rechtswidrigen Nutzung des Bestandsobjekts zur Verfügung. So beispielsweise die gezielte Scheinanmietung oder die Befragung von Nachbarn, Hausbediensteten und sonstigen Dritten.
- Allein das allgemeine Interesse an einer funktionstüchtigen Zivilrechtspflege und das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, reichen aber nicht, um im Rahmen der Abwägung stets von einem gleichen oder gar höheren Gewicht ausgehen zu können, als es dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zukommt.
- Erkenntnisse aus einer rechtswidrigen Videoüberwachung dürfen nach dem in Anwendung der Öffnungsklausel des Art 6 Abs 3 lit b EU-DSGVO zur Anwendung gelangenden § 286 Abs 1 DE-ZPO, der im Lichte des DE-GG auszulegenden ist, in einem Rechtsstreit nicht berücksichtigt werden.