Ein Polizist fordert Schadenersatz gegen einen Social-Media-Nutzer, der ein Video geteilt hatte, auf dem der Polizist während eines Einsatzes zu sehen ist. Im Begleittext wurde behauptet, er habe einen 82-jährigen zu Boden gerissen, übermäßig Gewalt angewendet und verhaftet. Die unrichtige Behauptung führte zu einem Shitstorm.
Durch das Teilen des Videos sah sich der Polizist im Datenschutz-, Urheber- und Medienrecht verletzt und begehrte insb immateriellen Schadenersatz. Der Nutzer wendete dagegen ein, dass das Teilen ohne böse Absicht erfolgte. Er habe auch nicht gegen die EU-DSGVO verstoßen, weil die Verbreitung nicht absichtlich und im schlimmsten Fall bloß fahrlässig erfolgte. Letztlich sei er nicht klausel für einen etwaigen Schaden: Erstens bezweifle er, dass auch nur eine Person den konkreten Beitrag auf seinem Facebook-Profil gesehen habe. Zweitens sei es hoch wahrscheinlich, dass andere Nutzer denselben Beitrag unabhängig von ihm weiterverbreitet hätten. Drittens sei nicht nachweisbar, dass die Reaktionen und der daraus resultierende Schaden des Klägers auf das spezifische Posting zurückzuführen seien.
Dazu (insbesondere) nun letztinstanzlich geklärt:
1️⃣ Die Bestimmungen über den Datenschutz umfassen (auch) den Schutz vor den mit dem Verstoß einhergehenden Beeinträchtigungen in Form der Herabsetzung.
2️⃣ So ist auch für niederschwelligere, aus der Rechtsverletzung resultierende Gefühlsbeeinträchtigungen aufgrund einer erfolgten oder auch nur drohenden Bloßstellung, Diskriminierung oder Ähnlichem Ersatz.
3️⃣ Jeder Teilnehmer begeht durch Teilen des Postings mit anderen selbst eine Datenschutz- und eine Bildnisschutzverletzung.
4️⃣ Für die Kausalität zwischen der einzelnen Handlung des teilenden Nutzers und der Gefühlsbeeinträchtigung ist nicht relevant, dass die betroffene Person das konkrete Posting als Ursache der Konfrontationen oder Reaktionen benennen und nachweisen kann.
5️⃣ Eine Entschädigung pro abgeschlossener medialer Einheit steht im Datenschutzrecht nicht zu, weil für den Schadenersatz im Einzelnen die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gelten.
6️⃣ Eine genaue Zuordnung einzelner Teile der Entschädigung auf einzelne Ansprüche je nach EU-DSGVO, AT-DSG, AT-UrhG und AT-MedienG ist nicht notwendig, wenn das Begehren auch bei voller Anrechnung berechtigt ist.