Der Kläger hatte sich beim beklagten Unternehmen zweimalig auf eine ausgeschriebene Stelle im Forderungsmanagement beworben. Aufgrund der mehr als zehnjährigen Erfahrung im Debitoren- und Forderungsmanagement, rechnete er sich gute Chancen aus, auf die Stelle besetzt zu werden. Auf die Bewerbungen erhielt der Kläger jedoch in keinem Fall eine Rückmeldung. Vor diesem Hintergrund und, um herauszufinden, wie das Unternehmen mit personenbezogenen Daten umgeht und warum auf die Bewerbungen durch das Unternehmen nicht reagiert wurde, verlangte der Kläger Auskunft gemäß Art 15 EU-DSGVO.
Da auf das Auskunftsverlangen nicht umgehend reagiert wurde, übersandte der Kläger zwei Erinnerungsschreiben; erhob danach Klage. Darin begehrte er weiterhin Auskunft und behauptet zusätzlich, die fehlende Reaktion auf das Auskunftsverlangen habe bei ihm zu einem Kontrollverlust über seine personenbezogenen Daten geführt. Dieser Kontrollverlust stelle einen immateriellen Nachteil dar. Er habe unter anderem erheblichen Stress und das Gefühl, in seinen Rechten eingeschränkt zu sein, erlitten.
Das beklagte Unternehmen blieb sowohl erstinstanzlich als auch im Berufungsverfahren der Verhandlung fern. In erster Instanz erging ein Teilversäumnis- und Endurteil mit dem dem Leistungsantrag auf Auskunft stattgegeben wurde; das Schadenersatzbegehren wurde jedoch abgewiesen. Nach erstinstanzlicher Wertung fehle es dem Klagsvortrag am Nachweis eines konkreten immateriellen Schadens. In der dagegen erhobenen Berufung argumentierte der Kläger, dass bereits der Kontrollverlust über seine Daten einen immateriellen Schaden darstelle, der durch die Verletzung der Auskunftspflichten verursacht worden sei.
Im Berufungsverfahren wurde dem Kläger schließlich auch der begehrte Schadenersatz zugesprochen. Da die Verantwortliche gegen ihre Pflichten aus Art 15 EU-DSGVO verstoßen habe, stehe dem Kläger ein immaterieller Schadenersatz in Höhe von EUR 750 zu. Die Verletzung der Auskunftspflicht habe bei diesem einen Kontrollverlust und immaterielle Nachteile, darunter Stress und Unsicherheit, verursacht.
Die wichtigsten Aussagen zu dieser Entscheidung:
- In Art 82 Abs 1 EU-DSGVO ist von einem „Verstoß gegen diese Verordnung“ die Rede und gerade nicht von einer verordnungswidrigen Datenverarbeitung. Daran ändert auch die Wortfolge in Abs 2 leg cit nichts.
- Ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht kann deshalb dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden begründen.
- Legt die betroffene Person Befürchtungen dar, ihre Daten könnten missbräuchlich verwendet werden, so hat das Gericht zu prüfen, ob diese unter den gegebenen besonderen Umständen und im Hinblick auf ihre Person als begründet angesehen werden können.
- Empfindet die betroffene Person trotz der Vorenthaltung der Auskunft keinen Kontrollverlust über ihre eigenen Daten oder ist das angegebene Gefühl nach den gegebenen Umständen nicht begründet, so scheidet ein Schadenersatzanspruch jedoch aus.
- Durch die schlichte „Null-Reaktion“ macht die Verantwortliche deutlich, dass sie das Anliegen der betroffenen Person und damit die von ihr geltend gemachten Rechte nicht ernst nimmt bzw ihr diese „egal“ sind.
- Bei der Bemessung der Höhe eines Schadenersatzanspruchs nach § 287 Abs 1 DE-ZPO steht dem Gericht ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen die Besonderheiten jedes einzelnen Falls zu berücksichtigen sind.