Die betroffene Person verfügt bereits über die Informationen iSd Art 14 EU-DSGVO, wenn die betroffene Information so in ihrem Herrschaftsbereich vorhanden ist, dass diese ohne weiteres zur Kenntnis genommen werden kann.
Germany. Bundesgerichtshof. Es stritt ein Rechtsanwalt mit der Bundesrechtsanwaltskammer um die Informationspflicht gemäß Art 14 EU-DSGVO im Zusammenhang mit der Einrichtung des sogenannten besonderen elektronischen Anwaltspostfachs.
Der Kläger ist seit 2004 zugelassener Anwalt und hat Kanzleisitze in mehreren deutschen Städten. Die Bundesrechtsanwaltskammer hatte für jeden Kanzleisitz ein eigenes besonderen elektronischen Anwaltspostfachs eingerichtet. Der Rechtsanwalt wurde darüber nicht informiert. Dies führte dazu, dass ihm Dokumente zugestellt wurden, auf die er keinen Zugriff hatte. Mangels Zugriffsmöglichkeit hatte der Rechtsanwalt weder die Möglichkeit, diese zu sehen noch fristgerecht zu bearbeiten.
Datenschutzrechtlich warf der Rechtsanwalt seiner Kammer vor, dadurch gegen die EU-DSGVO verstoßen zu haben. Die Bundesrechtsanwaltskammer sei verpflichtet gewesen, ihn gemäß Art 14 Abs 1 lit c EU-DSGVO zu informieren. Zudem stehe ihm immaterieller Schadenersatz nach Art 82 Abs 1 EU-DSGVO zu. Die Bundesrechtsanwaltskammer entgegnete, dass die Eröffnung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs vollautomatisiert erfolge und ihr eine vorherige Information nicht möglich sei. Die Grundlage für damit verbundene Datenverarbeitungen sei § 31a Abs 7 DE-BRAO, wonach für jeden weiteren Kanzleisitz ein eigenes Postfach einzurichten ist.
Dazu nach Durchlaufen des Instanzenzuges der Bundesgerichtshof als Senat für Anwaltssachen in dieser Entscheidung:
- Die betroffene Person verfügt bereits über die Informationen iSd Art 14 EU-DSGVO, wenn die betroffene Information so in ihrem Herrschaftsbereich vorhanden ist, dass diese ohne weiteres zur Kenntnis genommen werden kann.
- Keine Pflicht aus Art 14 Abs 1 lit c EU-DSGVO, der betroffenen Person über die Mitteilung des Zwecks der beabsichtigten Datenverarbeitung hinaus auch die Durchführung der Datenverarbeitung (hier: erfolgte Einrichtung der beA) mitzuteilen.
- Der Inhalt der Bundesrechtsanwaltsordnung und damit auch § 31a Abs 7 erster Satz DE-BRAO sind der betroffenen Person in Anbetracht ihrer Eigenschaft als Rechtsanwalt so in ihrem Herrschaftsbereich vorhanden, dass sie hiervon iSd Art 14 Abs 5 EU-DSGVO ohne weiteres Kenntnis nehmen konnte.
- Kann kein Verstoß der Verantwortlichen gegen Vorschriften der EU-DSGVO festgestellt werden, besteht kein Anspruch auf Schadenersatz gemäß Art 82 Abs 1 EU-DSGVO.