ErwG 63 EU-DSGVO besagt nirgends, dass ein Selbstbedienungstool zum Erhalt einer Auskunft gemäß Art 15 EU-DSGVO nur dann erfüllungstauglich wäre, wenn die betroffene Person mit dieser Art der Erfüllung einverstanden ist.
Germany. OLG Frankfurt. Verfahrensgegenstand war die Frage, ob der Auskunftsanspruch eines Nutzers einer Social-Media-Plattform durch ein bereitgestelltes Selbstbedienungstool erfüllt werden kann und, ob durch die behauptete unzureichende Auskunft ein immaterieller Schaden in Höhe von zumindest EUR 3.000 zu ersetzen ist.
Der Plattformbetreiber verwies den Kläger auf das von diesem betriebene Selbstbedienungs-Tool, mit dem Nutzer ihre gespeicherten Daten eigenständig abrufen können und sah die Pflicht zur Auskunftserteilung dadurch erfüllt. Der Nutzer hielt dieses Vorgehen jedoch für ungeeignet, um den geschuldeten Auskunftsanspruch zu erfüllen. Er habe ein Recht auf eine individuelle Bereitstellung der Informationen.
Erstinstanzlich vermochte der Nutzer mit seiner Rechtsansicht nicht zu überzeugen. Das Gericht befand, dass der Verantwortliche mit dem Verweis auf das Selbstbedienungstool seiner Pflicht nach Art 15 EU-DSGVO nachgekommen sei. Ein konkreter Schaden sei ferner nicht substantiiert dargelegt worden. In der dagegen erhobenen Berufung pochte der Nutzer auf seine Rechtsansicht, wonach ein Selbstbedienungstool keine vollwertige Erfüllung des Auskunftsanspruchs darstelle, weil es hierfür seiner Zustimmung bedürfe. Der immaterielle Schadenersatz stünde ihm dementsprechend auch zu, weil er durch die Situation erhebliche Belastungen erfahren habe.
Zu alledem wird in dieser Entscheidung klargestellt:
- Die Bereitstellung eines angemessenen Fernzugangs über ein Selbstbedienungstool ist ausreichend, um den Auskunftsanspruch zu erfüllen.
- Ein solches Tool kann jedoch auch dazu führen, dass der betroffenen Person faktisch die Auskunft verweigert wird. So haben auch Menschen, die „analog leben“ oder/und keine nennenswerten Fähigkeiten im Umgang mit IT-gestützten Portalen haben, ein Recht auf Auskunft nach Art 15 EU-DSGVO. Dieses könnte untergraben werden, wenn man sie auf das ihnen unzugängliche Selbstbedienungstool verwiese.
- Die Bereitstellung des Selbstbedienungstools führt in den übrigen Fällen jedoch dazu, dass die betroffene Person die Auskunft gemäß Art 15 EU-DSGVO an ihrem Wohnsitz abrufen kann, wenn sie dies will.
- Der Auskunftserfolg tritt dementsprechend auch dann am rechten Ort ein, wenn man zugrunde legt, dass Erfüllungsort der Sitz der betroffenen Person ist.
- Das formelhafte und erkennbar nicht individualisierte Vorbringen eines Zustandes des Unwohlseins und der Sorge des Datenmissbrauchs kann die substantiierte Darlegung eines Schadens nicht begründen.