Besteht die Möglichkeit, die betroffene Person im Voraus über eine Datenverarbeitung zu informieren und sie zu fragen, ob sie möchten, dass ihre Daten in diesem Sinn an Dritte weitergegeben werden, liegt darin ein geringerer Eingriff in das Recht auf Schutz der Vertraulichkeit von personenbezogenen Daten.
EuGH. Urteil. Der Europäische Gerichtshof sollte klären, ob ein Sportverband personenbezogene Daten seiner Mitglieder ohne deren Einwilligung an Sponsoren weitergeben darf, um damit rein wirtschaftliche Interessen zu verfolgen.
Der Koninklijke Nederlandse Lawn Tennisbond (KNLTB) hatte 2018 personenbezogene Daten seiner Mitglieder an zwei seiner Sponsoren gegen Entgelt weitergegeben. Die offengelegten Daten umfassten Namen, Adressen, Wohnorte sowie in einigen Fällen Telefonnummern, E-Mail-Adressen und Geburtsdaten. Diese Daten wurden zu Werbezwecken verwendet: Der Sportartikelhändler TennisDirect verschickte Werbebriefe, das Glückspielunternehmen NLO führte Telefonwerbung durch.
Nach Beschwerden einiger Mitglieder untersuchte die niederländische Aufsichtsbehörde den Fall und stellte fest, dass der KNLTB dadurch gegen die EU-DSGVO verstoßen habe; es mangle an einer rechtlichen Grundlage für die Offenlegung. Die Aufsichtsbehörde verhängte eine Geldstrafe von 525.000 Euro. Im dagegen erhobenen Rechtsmittel vertrat die KNLTB die Ansicht, dass die Weitergabe der Mitgliederdaten im berechtigten Interesse des Verbands erfolgt sei, um seinen Mitgliedern zusätzliche Vorteile wie Preisnachlässe zu bieten und eine engere Verbindung zwischen dem Verband und seinen Mitgliedern herzustellen. Das wirtschaftliche Interesse, den Tennissport zu fördern und seinen Mitgliedern Mehrwert durch Sonderangebote zu bieten, sei berechtigt. Die Offenlegung sei deshalb gemäß Art 6 Abs 1 lit f EU-DSGVO zulässig. Die Aufsichtsbehörde vertrat hingegen weiterhin die Ansicht, dass wirtschaftliche Interessen allein keine ausreichende Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten darstellen können.
Der EuGH legte die EU-DSGVO zu diesem Sachverhalt wiefolgt aus:
- Wirtschaftliche Interessen des Verantwortlichen können ein berechtigtes Interesse darstellen, sofern es nicht gesetzeswidrig ist.
- Selbst bei einem berechtigt verfolgten Interesse muss der Verantwortliche allen anderen ihm obliegenden Pflichten aus der EU-DSGVO nachkommen, damit die Wahrnehmung dieses Interesses eine Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art 6 Abs 1 lit f EU-DSGVO rechtfertigen kann.
- Besteht die Möglichkeit, die betroffene Person im Voraus über eine Datenverarbeitung zu informieren und sie zu fragen, ob sie möchten, dass ihre Daten in diesem Sinn an Dritte weitergegeben werden, liegt darin ein geringerer Eingriff in das Recht auf Schutz der Vertraulichkeit von personenbezogenen Daten.
- Dies ist bei der Abwägung der Interessen iSd Art 6 Abs 1 lit f EU-DSGVO zu berücksichtigen.
- Dementsprechend ist Art 6 Abs 1 lit f EU-DSGVO dahin auszulegen, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die darin besteht, personenbezogene Daten der Mitglieder eines Sportverbands in Verfolgung des wirtschaftlichen Interesses des Verantwortlichen gegen Entgelt offenzulegen, nur dann als im Sinne dieser Vorschrift zur Wahrung der berechtigten Interessen dieses Verantwortlichen erforderlich angesehen werden kann, wenn die Verarbeitung zur Verwirklichung des in Rede stehenden berechtigten Interesses absolut notwendig ist und sofern in Anbetracht aller relevanten Umstände die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten dieser Mitglieder gegenüber dem berechtigten Interesse nicht überwiegen. Diese Vorschrift verlangt zwar nicht, dass ein solches Interesse gesetzlich bestimmt wird, sie erfordert jedoch, dass das geltend gemachte berechtigte Interesse rechtmäßig ist.