Das Aufnehmen von Streitgesprächen kann die Anforderung an die Erforderlichkeit zur Wahrung eines berechtigten Interesses erfüllen.
Austria. Bundesverwaltungsgericht. Die Aufsichtsbehörde wurde in das streitige Scheidungsverfahren gezogen. Der (Noch)ehemann habe über längere Zeit und ohne ihre Zustimmung Streitgespräche zwischen den Eheleuten aufgenommen und im Gerichtsverfahren als Beweis vorgelegt. Die heimlichen Aufnahmen wurden in eskalierenden Streitmomenten gemacht. Darin sah die Ehefrau eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung. Demgegenüber meinte der Ehemann, dass die Ehe zu den Aufnahmezeitpunkten bereits zerrüttet und die Aufnahmen zur Verfahrensführung notwendig gewesen seien. Schließlich müsse er unrichtige Vorwürfe seiner Ehefrau widerlegen und seine Position im Scheidungsverfahren wahren.
Die Aufsichtsbehörde sah im Vorgehen des Ehemanns kein Problem. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das Recht auf Geheimhaltung vor. Das Anfertigen von Tonaufnahmen zur Verteidigung sei ein legitimes Interesse. Die Haushaltsausnahme greife jedoch jedenfalls nicht, weil die Verarbeitung der Daten über den rein privaten Rahmen hinausgehe.
Die nunmehr unterlegene Ehefrau erhob gegen diese Rechtsansicht Beschwerde. Durch die unerlaubten Aufnahmen ihrer gesprochenen Worte und der Verletzung ihrer Privatsphäre in einem besonders geschützten Lebensbereich, dem eigenen Zuhause, sei sie besonders in ihren Rechten verletzt. Derartige intensive Überwachungsmaßnahmen seien nicht erforderlich gewesen. Insbesondere nicht, weil sich die Aufzeichnungen über mehrere Monate erstreckten.
Wenngleich aus anderen Gründen, folgte das Bundesverwaltungsgericht der Rüge, die Aufsichtsbehörde habe die Sache rechtlich unrichtig beurteilt, gab der Beschwerde der Ehefrau statt und stellte fest, dass der Ehemann diese im Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, indem er Tonbandaufnahmen von Streitgesprächen angefertigt hat, um diese im streitigen Scheidungsverfahren als Beweismittel vorzulegen.
Die rechtlich relevanten Aussagen dieser Entscheidung:
- Die Ausnahmen vom Anwendungsbereich der EU-DSGVO sind restriktiv auszulegen, sodass selbst Gerichtsverfahren mit einem starken privaten oder Familienbezug in deren Anwendungsbereich fallen.
- Der persönlich-familiäre Bereich der Haushaltsausnahme wird bereits dann überschritten, wenn Tonaufnahmen nicht für private Zwecke angefertigt werden, sondern für den (alleinigen) Zweck, diese gegebenenfalls im streitigen Scheidungsverfahren als Beweismittel vorzulegen.
- Dennoch kann darin ein Datenverarbeitung im berechtigten Interesse liegen.
- Das Interesse des Ehepartners am Schutz seiner Daten, seinem gesprochenen Wort und dem sehr hoch zu gewichtenden Interesse, nicht in den eigenen vier Wänden aufgenommen zu werden, überwiegt aber den Interessen des die Scheidung begehrenden Ehepartners an der Abwehr von vermögensrechtlichen Nachteilen und Unterhaltsansprüchen im Scheidungsverfahren zusammen mit dem Interesse an der Durchsetzung der Scheidung.